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Polio: früher ein Schrecken, heute fast überall ausgerottet

Polio: früher ein Schrecken, heute fast überall ausgerottet

Die Kinderlähmung oder Poliomyelitis (kurz: Polio) gilt in Europa seit 2002 als ausgerottet.1 In der Schweiz ist dies dank einer hohen Durchimpfungsrate seit 1989 der Fall. Die WHO hat sich zum Ziel gesetzt, die Krankheit weltweit zum Verschwinden zu bringen. Dank grosser internationaler Anstrengungen wird es voraussichtlich bald soweit sein und nach den Pocken ist eine zweite Infektionskrankheit vollständig besiegt.

Noch vor wenigen Generationen war Polio in Mitteleuropa – wie auch in anderen Teilen der Welt – ein Schreckgespenst. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es in der Schweiz immer wieder zu Polio-Ausbrüchen. Bei der letzten grossen Epidemie 1954 wurden 1628 Fälle registriert.1 Das Leiden war gross, ebenso die Angst vor der Krankheit.

Polio wird durch Viren ausgelöst, die das Nervensystem befallen. Kinder unter fünf Jahren sind besonders betroffen – darum der Name Kinderlähmung. In den allermeisten Fällen führt die Infektion nur zu Grippe-Symptomen, die nach wenigen Tagen wieder abklingen. In einem von 200 Fällen kommt es jedoch zu bleibenden Lähmungen. Wenn die Lähmung die Atemmuskulatur betrifft, kann Polio auch zum Tod führen.2

Im Jahr 1955 gelang der ersehnte Durchbruch bei der Polio-Impfung: Der amerikanische Arzt und Immunologe Jonas Salk entwickelte als erster einen wirksamen und sicheren Polio-Impfstoff. Dieser basierte auf abgetöteten Polio-Viren und wurde per Spritze verabreicht. Bereits 1956 brachte das SSII (Schweizerische Serum- und Impfinstitut) auf der Basis von J. Salks Entwicklung den «Poliomyelitis Impfstoff Berna» auf den Markt. Ab 1957 kam er in der Schweiz im grossen Stil zum Einsatz und die Fallzahlen gingen in der Folge rasch zurück.1 Wenige Jahre später gelang eine entscheidende Weiterentwicklung: die «Schluckimpfung». Der amerikanische Arzt und Virologe Albert Sabin nutzte dazu lebende, aber abgeschwächte Polio-Viren. Er schloss 1960 seine Entwicklung ab und war im selben Jahr auch am SSII zu Besuch. Der Austausch zwischen A. Sabin und dem SSII blieb über Jahre bestehen und schon 1961 brachte das SSII auf der Basis von Sabins Entwicklung den Impfstoff «Poloral Berna» auf den Markt.

Im Vergleich zum Totimpfstoff zum Spritzen hat die Schluckimpfung eine Reihe von Vorteilen: Es braucht nur eine einzige Dosis und im Gegensatz zur Injektion keine Fachperson für die Verabreichung. Zudem ist sie günstig. Darum kommt die Schluckimpfung in ärmeren Ländern auch heute noch zum Einsatz.2 Das Ziel – die vollständige Ausrottung des Polio-Virus – ist also nah. Doch bis es soweit ist, muss auch in den Polio-freien Ländern konsequent weiter geimpft werden. Denn solange es irgendwo auf der Welt noch Krankheitsfälle gibt, kann das Virus jederzeit wieder nach Europa eingeschleppt werden.

 

1) http://polio.ch/poliomyelitis/ursache/geschichte/
2) https://www.srf.ch/news/panorama/die-kinderlaehmung-gehoert-bald-ins-ges...

CP-394349