Multiple Sklerose (MS)
Multiple Sklerose – Krankheit, Symptome, Diagnose und Behandlung
Was ist Multiple Sklerose?
Die Multiple Sklerose (MS) gehört zu den so genannten Autoimmunerkrankungen. Normalerweise wehren die Abwehrzellen unseres Immunsystems Krankheitserreger ab. Bei einer Autoimmunerkrankung richten sich bestimmte Abwehrzellen fälschlicherweise gegen körpereigene Zellen oder Gewebe. Bei der MS greifen diese fehlgeleiteten Abwehrzellen die Schutzhüllen der Nervenzellen an, die so genannten Myelinscheiden. Durch den Angriff entstehen Entzündungen in Gehirn und/oder Rückenmark, die die vielfältigen Symptome der MS verursachen.1,2
Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr,1,3 wobei Frauen etwa zweimal häufiger betroffen sind als Männer.3 Bei der überwiegenden Mehrzahl der Erkrankten beginnt die MS schubförmig. Dabei können sich Beschwerden nach einem Schub ganz oder teilweise zurückbilden.3,4 Der Verlauf der Erkrankung und die Schwere der vielfältigen Symptome lassen sich kaum vorhersagen. Eine MS muss keinen schweren Verlauf nehmen.3
Bislang gilt die MS als nicht heilbar. Es gibt jedoch verschiedene wirksame Therapien, die den Krankheitsverlauf der MS verlangsamen und so Beeinträchtigungen durch die Erkrankung vorbeugen bzw. hinauszögern können.5
So äußert sich Multiple Sklerose: Symptome
Die MS wirkt sich bei Betroffenen unterschiedlich aus. Keine zwei Menschen mit MS werden exakt die gleichen Symptome haben. Zudem können sich die Beschwerden im Krankheitsverlauf verändern. Nicht umsonst nennt man die MS deshalb die „Krankheit mit den 1.000 Gesichtern“. Dennoch gibt es Symptome, die häufig auftreten und manchmal als „typische MS-Symptome“ bezeichnet werden.3,6
Dazu gehören u.a.:6
- Missempfindungen wie Taubheit oder Kribbeln (Sensibilitätsstörungen)
- Sehstörungen
- Muskelschwäche oder Spastiken (motorische Störungen)
- eingeschränktes Gehvermögen (Gangstörungen)
- Gleichgewichtsstörungen
- starke Müdigkeit (Fatigue)
- Probleme mit der Konzentration, der Aufmerksamkeit oder dem Gedächtnis (kognitive Störungen)
- Depressionen
- Blasenstörungen
- sexuelle Funktionsstörungen
- Schmerzen
Als erstes Anzeichen ihrer MS-Erkrankung nennen Betroffene zu 30–40 Prozent Sensibilitätsstörungen, zu 15–20 Prozent Sehstörungen und zu 30–40 Prozent motorische Störungen.7
Multiple Sklerose erkennen: Diagnose
Die MS kann nicht mit einem einzigen Test diagnostiziert werden. Vielmehr kommen bei der Untersuchung eine Vielzahl an Diagnoseverfahren zum Einsatz. Deshalb kann es einige Zeit in Anspruch nehmen, manchmal sogar Jahre, bis die Diagnose MS sicher feststeht.3
Die Diagnose umfasst die Erhebung der Krankheitsgeschichte, eine neurologische Untersuchung, die Magnetresonanztomographie (MRT), evozierte Potentiale (Untersuchung zur Messung der Nervenleitfähigkeit und Geschwindigkeit) sowie eine Untersuchung des Nervenwassers (Lumbalpunktion) und des Blutes.3,8
Leben mit Multipler Sklerose: Behandlung und Verlauf
MS gilt bisher als eine chronische und nicht heilbare Erkrankung. Es stehen aber verschiedene Therapien zur Verfügung. Dabei konzentriert sich die Behandlung der MS auf drei Ziele:3
- Schubtherapie: Schübe stoppen und die Erholung von Schüben beschleunigen
- verlaufsmodifizierende Therapie: das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen
- symptomatische Therapie: die MS-Symptome lindern
Häufige Fragen zur Multiplen Sklerose
1. Wie häufig ist Multiple Sklerose?
In Deutschland leben schätzungsweise mehr als 280.000 Menschen mit MS. Weltweit geht man von etwa 2,8 Millionen Betroffenen aus.3 In Europa ist MS bei jungen Menschen die zweithäufigste Ursache von Behinderungen – nach Verkehrsunfällen.9
2. Wodurch wird Multiple Sklerose verursacht?
Was genau MS auslöst, ist noch nicht vollständig erforscht. Fest steht, dass es sich bei der MS um eine Autoimmunerkrankung handelt. Weshalb die Abwehrzellen des Immunsystems plötzlich körpereigene Gewebe angreifen, ist noch nicht restlos aufgeklärt. Aber mittlerweile kennt man verschiedene Faktoren, die die Entstehung der MS begünstigen können. Dazu gehören chronische Infektionen mit bestimmten Viren oder Bakterien, Umweltfaktoren und genetische Ursachen. Forschende gehen davon aus, dass mehrere dieser Faktoren zusammenkommen müssen, um eine MS auszulösen.1,3,10
3. Welche Verlaufsformen der Multiplen Sklerose gibt es?
Die MS verläuft bei Betroffenen unterschiedlich, sodass der individuelle Krankheitsverlauf kaum vorhersagbar ist. Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene Verlaufsformen unterscheiden:4
- die schubförmig remittierende MS, kurz RRMS (englisch: Relapsing Remitting Multiple Sclerosis)
- die sekundär progrediente MS, kurz SPMS (englisch: Secondary Progressive Multiple Sclerosis)
- die primär progrediente MS, kurz PPMS (englisch Primary Progressive Multiple Sclerosis)
Die RRMS ist die häufigste Form der Erkrankung. Bei etwa 85 Prozent der Betroffenen verläuft die MS zunächst in Schüben.4 Das bedeutet, dass die Beschwerden plötzlich auftreten und sich nach 24 Stunden bis zu vier Wochen meist ganz oder teilweise zurückbilden. Zwischen zwei Schüben können Monate oder sogar Jahre liegen. Mit jedem neuen Schub können sich bestehende Symptome verstärken, und/oder es können neue Symptome hinzukommen. Es gibt auch Verläufe mit wenig Schüben und Beschwerden, die sich völlig zurückbilden.4,11
Nach anfänglich schubförmigem Verlauf gehen nach 10 bis 15 Jahren etwa 30 bis 40 Prozent in einen sekundär-chronisch progredienten Verlauf über.3 Das bedeutet, dass sich die Beschwerden schleichend – und auch unabhängig von Schüben – fortlaufend verstärken. In der Übergangsphase von der RRMS in eine SPMS können weiterhin Schübe auftreten.4,11
Etwa 10 Prozent der Betroffenen zeigen von Beginn an einen kontinuierlich fortschreitenden Verlauf der MS. Schübe treten bei dieser Form in der Regel nicht auf.3,11
4. Wie entstehen die Symptome bei Multipler Sklerose?
Das zentrale Nervensystem steuert über die Nerven unsere Bewegungsabläufe und nimmt Reize aus unserer Umgebung wahr – beispielsweise Berührungen über die Haut oder visuelle Eindrücke über die Augen. Dazu werden Reize durch die Nervenfasern gesendet.
Sind die Myelinscheiden durch die MS geschädigt, können die Nervenfasern diese Reize nur noch langsam, unvollständig oder gar nicht mehr weiterleiten. Durch diese gestörte Reizweiterleitung entstehen die Symptome bei MS. Je nachdem in welchen Regionen im Gehirn oder Rückenmark die Schäden an den Myelinscheiden auftreten, können ganz unterschiedliche Beschwerden auftreten.2,12
5. Was sind unsichtbare Symptome bei Multipler Sklerose?
Während einige MS-Symptome wie ein eingeschränktes Gehvermögen auch für Außenstehende offensichtlich sind, gibt es eine Reihe anderer Beschwerden, die in der Regel nur von den Betroffenen wahrgenommen werden. Zu ihnen zählen:6
- Erschöpfung (Fatigue)
- kognitive Störungen
- Schmerzen
- Blasenstörungen
- Depressionen
Viele Menschen mit MS empfinden gerade diese „unsichtbaren“ Symptome als besonders belastend. Da Außenstehende sie nicht wahrnehmen, müssen sich Betroffene ihrem sozialen Umfeld erklären oder rechtfertigen. Aber auch für Ärzt:innen sind die unsichtbaren Symptome häufig schwer fassbar und werden zum Teil nur unzureichend behandelt. Patient:innen sollten daher offen mit bestehenden, die Lebensqualität stark beeinträchtigenden Symptomen umgehen und diese gegenüber ihren behandelnden Ärzt:innen ansprechen.
6. Welches sind die ersten Symptome der Multiplen Sklerose?
Als erstes Anzeichen ihrer MS-Erkrankung nennen Betroffene:7
ca. 30–40 Prozent Sensibilitätsstörungen
ca. 30–40 Prozent motorische Störungen
ca. 15–20 Prozent Sehstörungen
7. Ist die Multiple Sklerose heilbar?
Die MS gilt bisher als nicht heilbar. Es gibt aber verschiedene wirksame Therapien, die den Krankheitsverlauf verlangsamen können, sodass auch mit MS ein selbstbestimmtes Leben möglich ist.5
8. Ist die Multiple Sklerose vererbbar?
MS ist keine typische Erbkrankheit. Allgemein gilt, dass das Risiko für einen Menschen, an MS zu erkranken, in Deutschland etwa bei 0,1 bis 0,2 Prozent liegt.13 Allerdings findet sich in 4 Prozent der MS-Familien mehr als nur ein Fall.14
Weitere Angebote für Patient:innen und Interessierte
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Informationen zu den Grundlagen der Erkrankung MS, der Diagnostik sowie den Therapiemöglichkeiten.
Podcast zu MS
Im Podcast „Sprich’s aus“ berichten Betroffene und Menschen aus ihrem Umfeld über die Erkrankung.
DMSG
Informationsportal der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e. V.
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- National Multiple Sclerosis Society: Understanding Multiple Sclerosis. https://www.nationalmssociety.org/What-is-MS/MS-FAQ-s. Letzter Zugriff am 05.02.2024
- National Multiple Sclerosis Society: What Is Myelin? https://www.nationalmssociety.org/What-is-MS/Definition-of-MS/Myelin. Letzter Zugriff am 05.02.2024
- dmsg: Was ist Multiple Sklerose (MS)? https://www.dmsg.de/multiple-sklerose/was-ist-ms. Letzter Zugriff am 05.02.2024
- National Multiple Sclerosis Society: Types of Multiple Sclerosis. https://www.nationalmssociety.org/What-is-MS/Types-of-MS. Letzter Zugriff am 05.02.2024
- National Multiple Sclerosis Society: Comprehensive Care. https://www.nationalmssociety.org/Treating-MS/Comprehensive-Care. Letzter Zugriff am 05.02.2024
- National Multiple Sclerosis Society: MS Signs & Symptoms. https://www.nationalmssociety.org/Symptoms-Diagnosis/MS-Symptoms. Letzter Zugriff am 05.02.2024
- Multiple Sklerose Gesellschaft Wien: Multiple Sklerose. https://www.msges.at/multiple-sklerose/. Letzter Zugriff am 05.02.2024
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- Doshi A und Chataway J. Multiple sclerosis, a tretable disease. Clin Med (Lond). 2016;16(Suppl6):s53-s59
- Pharma Fakten: Verschiedene Verlaufsformen der Multiplen Sklerose. https://pharma-fakten.de/grafiken/723-verschiedene-verlaufsformen-der-mu.... Letzter Zugriff am 05.02.2024
- Hauser SL und Oksenberg JR. The neurobiology of multiple sclerosis: genes, inflammation, and neurodegeneration. Neuron. 2006;52(1):61-76
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