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Ärzte befürworten regional verhandelte Versorgungsverträge

Ärzte befürworten regional verhandelte Versorgungsverträge

Knapp zwei Drittel der Ärzte ist überzeugt, dass Selektivverträge intelligente Versorgungslösungen fördern und die Behandlungssituation für Patienten verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage unter sowohl klinisch tätigen als auch niedergelassenen Ärzten des Meinungsforschungsinstituts Psychonomics im Auftrag von Janssen-Cilag. Dabei setzen die Leistungserbringer mehrheitlich auf regional zugeschnittene und dezentral verhandelte Verträge.

Franz Knieps, Partner der Unternehmens- und Politikberatung Wiese Consult und früherer Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium, nimmt im Kurzinterview zu den Umfrageergebnissen Stellung.

Wie beurteilen Sie die Aussage, dass dezentrale Selektivverträge deutlich mehr Zuspruch erfahren als zentral ausgehandelt und geltende Verträge?

Das Ergebnis wundert mich nicht: Es macht meiner Meinung nach viel Sinn, bei der Vertragsgestaltung speziell auf die Versorgungssituationen in der Region einzugehen. Bei einfachen, vielleicht technischen Sachverhalten mögen zentrale Verträge vielleicht praktikabel sein. Für komplexere Versorgungsverträge sollte man die spezielle Situation im Bundesland betrachten. Je nach Thema muss man eventuell sogar noch spezifischer werden.

Welche Botschaft sehen Sie darin an die Politik?

Bei der aktuellen politischen Diskussion hat mich die große Akzeptanz von Selektivverträgen sehr positiv überrascht. Es herrscht eine große Offenheit unter den Leistungserbringern. Meiner Meinung nach versäumt die Politik aktuell die Gelegenheit, mit mehr Wettbewerb und dezentralen Vertragsverhandlungen mögliche Effizienzreserven im Gesundheitssystem auszuschöpfen. Ich empfehle der Politik, mehr auf die Akteure zu hören.

Was könnte Ihrer Meinung nach die Ursache dafür sein, dass nach wie vor Ärzte den Selektivverträgen kritisch gegenüber stehen?

Wie häufig bei Neuerungen herrscht bei den Beteiligten zu Beginn eine gewisse Unsicherheit. Ärzte, die noch keine Erfahrungen mit Selektivverträgen haben, können noch nicht abschätzen, welche Auswirkungen für sie im Einzelnen zu erwarten sind. Nach dem jahrelang gelebten kollektivvertraglichen System muss jetzt zunächst ein Umdenkprozess einsetzen - und das geht nicht von heute auf morgen.

Können Sie aus Ihrer Sicht die Umfrageergebnisse bestätigen, dass sich die Effizienz der Versorgung in Selektivverträgen erhöht?

Auch wenn ich keine expliziten Studien dazu kenne, liegt es meiner Meinung auf der Hand, dass komplexe Selektivverträge stärker auf regionale Versorgungsprobleme fokussieren und damit auch lösen können. Die Qualität der Versorgung wird mit Sicherheit erhöht und damit auch die Effizienz gesteigert.

Wie erklären Sie sich die Zurückhaltung der Ärzteschaft hinsichtlich der Beteiligung von Gesundheitsunternehmen (z.B. Managementgesellschaften, Hersteller)?

Die Akteure sehen Gesundheitsunternehmen mit ihren tradierten Aufgabenbereichen und empfinden eine Beteiligung von Wirtschaftsunternehmen an Versorgungsverträgen ungewohnt. Ich gestehe den Ärzten diese Skepsis durchaus zu, doch empfehle ihnen, auch die Chancen zu sehen und den Blick für neue Optionen zu öffnen. Es kommt Bewegung ins Spiel und das brauchen wir im Gesundheitswesen.

Was müssen Ihrer Meinung nach die Unternehmen leisten, um als Partner von Selektivverträgen akzeptiert zu werden?

Unternehmen müssen zum einen mit ihrem Know-how überzeugen. Zum anderen sind sie als Partner der Versorgung zu sehr großer Transparenz verpflichtet. Das kann und wird auf lange Sicht Vertrauen schaffen. Wenn die Unternehmen glaubhaft darlegen können, dass nicht die Absatzsteigerung der eigenen Produkte das vorrangige Ziel ist, sondern sie als gleichberechtigte Partner die Versorgung der Patienten optimieren wollen, dann werden sie auch das Vertrauen der Leistungserbringer gewinnen.